Berliner Baubilanz 1978
Die Berliner Baubilanz 1978 wurde vom Berliner Senator für Bau- und Wohnungswesen im September 1978 in Berlin (West) herausgebracht.
Die Baubilanz des Jahres 1978 reflektierte stolz die großartigen Leistungen
der vergangenen Jahrzehnte, lamentierte aber auch intensiv die Teilung mit ihren künstlichen Grenzen aus Beton und Stacheldraht.
Das zentrale Thema vom Senat in der Baubilanz 1978 waren der Wohnungsbau, die Stadterneuerung und der zukünftige Weg der geteilten Stadt.
Die Baubilanz 1978 war der Anfang einer regelmäßigen Veröffentlichung der Baubilanzen alle zwei Jahre von 1980 bis 1990, die zuvor nur unregelmäßig in 1966 und 1970/71 erschienen.
Übersicht
Auf 58 Seiten beschreibt der Berliner Senat in der Baubilanz 1978 den Aufbau vom geteilten Westberlin der letzten Jahrzehnte und schließt die 1970er Jahre ab. Wie die 1970/71er Ausgabe beschäftigte sich die Bilanz ’78 sehr tief mit Berliner Bauthemen.
Bereich | Schwerpunkte | Themen |
---|---|---|
Bauen und Wohnen | Zukunftsinvestitionen Bauwirtschaft Stadterneuerung und Altbauten Wohnungsneubau Bauaustellung 1984 |
ZIP, Modernisierung von 600.000 Altbauten, Rückorientierung auf die Innenstadt, viele Neubauten der 70er-Jahre Schwerpunkte der internationalen Bauaustellung |
Stadtplanung | Bürgerbeteiligung Planen für Behinderte Denkmal- und Stadtbildpflege |
Einbindung neuer Planungs- und Beteiligungsformen, neuer Umgang mit Denkmälern |
Farbe und Kunst | Farbe im Stadtbild Martin-Gropius-Bau Zitadelle Spandau |
Verschönerung des Stadtbilds, öffentlich gefördert, Umgang mit Restaurationen |
Bildungsinstitute | Oberstufenzentren | Neu- und Umbauten von 27 OSZ |
Verkehr | Verkehrsentwicklung U-Bahnbau Stadtstraßen Fahrrad Autobahnen |
Stärkerer Fokus auf ÖPNV und weniger IV, geringer Autobahn- Planung, Erweiterung U-Bahn mehr Verkehrsberuhigung und Fahrradwege |
Öffentlicher Raum | Internationales Congress Centrum Grün |
Aufbau des ICC und Zukunft, mehr Stadtgrün und BuGa 1984 |
Kommunales | Kommunale Bauten Probleme Wasserwirtschaft Vermessungswesen |
2. Bäderbauprogramm, Neubauten von Feuerwachen, Entphosphatung Berliner Gewässer, Festpunkte |
Bauen und Wohnen
Berlin (West) hatte in 1978 zwar die unverwechselbare Atmosphäre von pulsierendem Leben
auf dem Kudamm und einen Hauch von Kietz in Alt-Berliner-Stadtteilen,
war jedoch im Westteil von ihrem Umland getrennt.
Vieles in Westberlin ist anders, mit Zielkonflikten zwischen Wohnen, Freizeit, Arbeit und Umweltschutz.
Dafür wurden in den 30 Jahren seit Kriegsende in Westberlin in allen Baubereichen großartige Leistungen vollbracht:
Mehr als 500.000 Wohnungen wurden gebaut und Berlin ist nach den überdimensionalen
Kriegsschäden auf dem Weg, eine normale Stadt zu werden,
symbolisiert auch durch die City-West.
Änderungen in der Baupolitik seit Mitte der 70er-Jahre beginnen zu greifen
, wie auch in der Baubilanz 1980 fortgeführt.
In dem neuen Fokus (West-)Innenstadt mit vielen (maroden) Altbauten sollen 200.000 Wohnungen modernisiert werden für 7 Mrd. DM aus öffentlichen Mitteln in den nächsten 20 bis 25 Jahren.
Zukunftsinvestitionen
Das Programm für Zukunftsinvestitionen (ZIP) war ein von der Bundesregierung gefördertes Programm, aus dem Berlin durch die Bemühungen des Berliner Senats
einen überproportionalen Anteil
erhalten sollte.
Es sollte in vier Schwerpunkten genutzt werden, um die Weststadt und Lebensqualität zu modernisieren:
- Modernisierung von Altbauten in der Innenstadt
- Verbesserung der Infrastruktur in der Innenstadt
- Mehr Angebot für Kultur und Freizeitgestaltung
- Erhaltung und Wiederaufbau von Baudenkmälern
Den Hauptschwerpunkt setzte der Senat auf die Instandsetzung von Altbauwohnungen in besonders benachteiligten Bezirken.
Mit 204 Mio. DM sollten in Tiergarten, Wedding, Kreuzberg, Schöneberg und Neukölln durchgreifende Modernisierungen
und Entkernung der Hinterhofsubstanz
gefördert werden – wenn Eigentümer und Mieter mitwirken.
In diesen Bezirken in der Innenstadt sollten weitere 43 Mio. DM zur Verbesserung der Infrastruktur aufgewendet werden für Verkehrsberuhigung, Spielplätze, Grünanlagen. Angeführt wurden die Steinmetzstraße (Fußgängerzone), Kunstgewerbemuseum Stresemannstraße, Zitadelle Spandau, Verbesserung Hausfassaden, Erneuerung Lübars.
Stadterneuerung und Altbauten
Im zweiten Stadterneuerungsprogramm wurde seit 1974 im großen Umfange
außerhalb der innerstädtischen Sanierungsgebiete modernisiert.
Das erste Stadterneuerungsprogramm von 1963 war 1978 ungefähr zur Hälfte umgesetzt, mit Ordnungsmaßnahmen (Umzüge), Bauleistungen und Wohnungsbauten.
Im ersten Programm blieben nur 17% (!), ca. 10.000, der alten Wohnungen modernisiert erhalten. Das zweite Programm sah einen deutlich größeren Anteil an Modernisierungsmaßnahmen [und weniger Abrisse] in baugeschützten Bereichen wie Chamissoplatz (Kreuzberg) und Altstadt Spandau vor.
Es gab, trotz der bisherigen Leistungen
, immer noch fast 600.000 Altbauwohnungen, von denen die Hälfte modernisiert werden müssten.
Bei 200.000 war eine öffentliche Förderung erforderlich; bei knapp 100.000 Wohnungen ohne Bad und Innentoilette war eine Erneuerung nicht mehr sinnvoll
und ein Neubau kostengünstiger.
Anfang 1978 beschloß der Senat daher ein Programm zur Beschleunigung der Wohnungs- und Stadtverbesserung: Mini-, Midi- und Maxi-Modernisierung sollten in 20-25 Jahren bis Ende des Jahrhunderts die Aufgabe der Altbaumodernisierung
lösen.
In der Mini-Modernisierung sollten zwischen 8.000 (1978) bis 11.000 (1981) Wohnungen jährlich modernisiert werden, mit einem Ziel von insgesamt 100.000. Damit sollten Einzelmaßnahmen in Wohnungen gefördert werden (WCs, Leitungen, Heizung, Warmwasser) mit 20 bis 25.000 DM pro Wohnung und 43% öffentlichen Zuschüssen.
In der Midi-Modernisierung Historische Stadtkerne
sollten bis Ende 1980 4.000 Wohnungen auf einen vertretbaren Stand
gebracht werden, Wohnblöcke entkernt und durchgrünt
werden, im Schnitt für 60.000 DM pro Wohnung, 75% bezuschusst.
Von den 80.000 Wohnungen in dieser Kategorie sollten 8.000 bis 1982 modernisiert werden.
In Einzelfällen wurde zur Maxi-Modernisierung gegriffen, mit der ganze Wohngebäude in Sanierungsgebieten durchgreifend modernisiert
werden sollten, von 70 bis 140.000 DM pro Wohnung über die Neubauförderung, 95% gefördert.
Jährlich konnten 500 Wohnungen modernisiert werden von einem Total von 20.000.
→ Stadterneuerung Innenstadt fortgesetzt in der Baubilanz 1980.
Wohnungsneubau
Ende der 70er Jahre waren 45% des Westberliner Wohnungsbestandes nach 1949 gebaut, davon 84% öffentlich gefördert, eine Quote, die in keiner anderen Großstadt auch nur annäherend erreicht wurde.
Im Gesamtbestand von 1,1 Mio. Wohnungen war die Belegung im Schnitt 1,9 Personen, der Wohnungsmarkt war zahlenmäßig ausgeglichen.
Fast die Hälfte der bestehenden 600.000 Altbauwohnungen hatten jedoch nach wie vor Einschränkungen – keine Innentoilette oder Bad.
Daher waren weiter Neubauten notwendig, auch wenn die früher üblichen
Zahlen von 20.000 pro Jahr aus finanziellen und Bedarfsgründen nicht mehr erreicht werden.
Die neue Wohnungsbaupolitik seit Mitte der 1970er Jahre konzentrierte daher die öffentlichen Mittel auf die Innenstadt, um der Verödung und Verslumung
(!) entgegenzuwirken.
Bis 1985 war der Bau von 45.000 Wohnungen geplant, nicht nur in der City sondern auch polyzentrisch
in Neukölln, Spandau, Steglitz und Tempelhof.
Internationale Bauaustellung 1984
Ende der 1970er begann der Senat von Berlin mit den Planungen für die Internationale Bauaustellung 1984 in Berlin.
Schwerpunkt sollte die Revitalisierung der Innenstadt
an vielen verschiedenen Stellen sein, im Gegensatz zur Interbau 1957, wo es um modernes Wohnen im neuen Hansaviertel ging.
Die IBA 1984 plante inhaltliche Schwerpunkte für das Berlin der 80er Jahre mit etwa 3-4 Mrd. DM:
- Modernisierung von Altbauten
Vorzüglicher Neubau
- Verbessertes Wohnumfeld (Straßen, Plätze, Gärten)
Örtliche Schwerpunkte sollte die südliche Friedrichsvorstadt in Kreuzberg sein.
Dort sollten ein Innenstadtquartier
auf dem Altstadtgrundriß entwickelt werden und am Askanischen Platz städtisches Wohnen in einer Park- und Wasserlandschaft.
Weiterhin geplant wurde für die Sanierungsgebiete um Mariannenplatz und Altstadt Spandau, moderne und attraktive Plätze
für belebende Nutungen
am Prager Platz, Lützowplatz und Kemperplatz und eine Wohn- und Freizeitlandschaft am Wasser in Tegel.
→ Das Thema Internationale Bauaustellung wurde fortgesetzt in der Baubilanz 1980.
Stadtplanung
Bürgerbeteiligung
Bürger begleiteten das Verändern von Städten mit kritischer und konstruktiver Aufmerksamkeit,
wozu der damals neue § 2a des Bundesbaugesetzes [BBauG 1976] eine vorgezogene Bürgerbeteiligung vorsah.
Westberlin entschied sich zur aufwendigsten
Informationsart an Bürger in der Tagespresse (siehe Beispiel).
Gemeinwesenmitarbeiter sollten Bürger bei der Wahrnehmung ihrer Belange aber zusätzlich unterstützen.
Berlin (West) sei dabei Schrittmacher
in Deutschland.
Planen für Behinderte
Um die Situation von behinderten Mitbürgern
zu verbessern, unternahm der Berliner Senat verschiedene Anstrengungen in den 1970er Jahren.
So sollte die Bauordnung von Berlin entsprechend geändert werden.
Zu hohe Bordsteinkanten sollten abgesenkt werden, Fahrtreppen und Aufzüge wurden in Fußgängertunneln in besonderen Fällen
gebaut.
Wohnungen sollen behindertengerecht umgebaut werden.
Da der ÖPNV nicht voll rollstuhlgerecht ist, sollte ein spezieller Fahrdienst eingerichtet werden.
Denkmal- und Stadtbildpflege
Die Pflege der alten Berliner Bausubstanz im Stadtbild und in Baudenkmälern spielten Ende der 1970er Jahre (wieder) eine große Rolle in Westberlin.
Seit Anfang 1978 gab es eine verbesserte Rechtsgrundlage
in Berlin und geschützte Baubereiche und Baudenkmäler., in denen Veränderungen nur unter Auflagen möglich waren.
Geschützte Baubereiche waren in Kreuzberg Riehmers Hofgarten, Chamissoplatz und Planufer, die Schloßstrasse in Charlottenburg, der Reformationsplatz in Spandau und Kurfürstendamm und Bereiche in Wilmersdorf und Charlottenburg. Besondere Bemühungen gab es um die alten Stadtkerne in Spandau (Altstadt) und Lübars.
Denkmalpflege wurden an alten Fassaden, innerstädtischen Mietshäusern und auch Villen und Landhäusern betrieben.
Große Aufmerksamkeit galt auch großen öffentlichen Bauten weil sie stärker als Wohnbauten Aufmerksamkeit erregen
wie Zitadelle Spandau, Bethanien und Stadtbad Neukölln.
Schäden beseitigt und Arbeiten geplant waren am Borsig-Turm, der AEG-Turbinenhalle, Ullsteinhaus, Schaltwerk-Hochhaus Siemensstadt und Haus der Buchdrucker Dudenstraße.
→ Denkmalpflege wurde fortgesetzt in der Baubilanz 1980.
Farbe und Kunst
Farbe im Stadtbild
Farbe im Stadtbild und Fassaden hatten eine große Bedeutung für Berlin, weswegen abwechslungsreiche Fassaden aus der Jahrhundertwende wiederhergestellt werden sollten, im Kontast zu modernen Farbkonzeptionen
an Neubauten.
Diese farbliche Gestaltung sollte noch mehr gefördert werden, in verschiedenen Initiativen zum Einsatz von Farbe im Stadtbild, das durch ein Senatsprogramm von 1978-1981 deutlich ausgeweitet wurde mit 10 Mio. DM Haushaltsmitteln.
Damit sollte auch für Straßenfronten ohne Stuck
eine zufriedenstellende Gestaltung
erreicht werden, und Hauseigentümer sich nicht nur um die Modernisierung der Wohnungen sondern auch die farbliche Gestaltung der Fassaden kümmern.
→ Farbe im Stadtbild fortgesetzt in der Baubilanz 1980.
Martin-Gropius-Bau
Das 1877-1881 von Martin Gropius errichtete Kunstgewerbemuseum mit überregionaler Bedeutung
war einer von drei größeren erhaltenen Bauten von Gropius in Berlin (neben Wenckebach-Krankenhaus und Krankenhaus Friedrichshain).
Das Museum wurde im Krieg fast vollständig zerstört und sollte Ende der 70er wiederhergestellt werden, damit Berlin (West) ein bauhistorisch und baukünstlerisch wertvolles Bauwerk zurückgewinnt.
Das Museum sollte denkmalpflegerisch korrekt
rekonstruiert werden mit Terrakotten, Mosaiken, Ziegelfassaden etc., mit dem Schwerpunkt im 20x30m großen Innenhof, glasüberdacht.
Die Rekonstruktion wurde von der Bundesregierung unterstützt durch 48 Mio. DM im ZIP.
Besondere Schwierigkeit war, den Haupteingang der Nordseite, der sehr nah an der Mauer war, auf die Südseite zu verlegen. Die Mauer wurde sonst fast gar nicht in der Baubilanz erwähnt.
Zitadelle Spandau
Die Zitadelle Spandau entstand 1560-1583 an der Stelle der Spandauer Burg von 1200 und sollte als Anlage von europäischem Rang
, vergleichbar mit dem Tower in London
, restauriert und gewürdigt werden.
Geplant ab 1977, sollte die Restaurierung ein Kultur- und Freizeitzentrum im Baudenkmal schaffen, mit Heimatmuseum und Restaurant im historischen Rahmen.
Geplant waren auch Räume für Künstler, Ateliers usw.
Die Restaurierung war angedacht bis 1978 mit baulichen Maßnahmen für 72 Mio. DM, unterstützt durch den Senat und das ZIP vom Bund.
Bildungsinstitute
Oberstufenzentren
Bis 1976 wurden umfangreiche Baumaßnahmen für 15 Mittelstufenzentren (Sekundarschulbereich I) für 700 Mio. DM abgeschlossen, wonach mit Bauten für Oberstufenzentren (OSZ) im Sekundarschulbereich II begonnen wurde.
Die berufsfeldbezogenen OSZ integrieren unter einem Dach
Berufsschule, Berufsfachschule, Fachoberschule, meist auch eine gymnasiale Oberstufe mit berufsfeldbezogenem Profil.
Insgesamt 27 OSZ sollen errichtet werden für 760 Mio. DM, bis 1978 waren sechs Neubauten und drei Erweiterungsbauten im Gang.
Bildungsgänge wurden zusammengefasst und das Fachpersonal und Investitionen berufsfeldspezfisch konzentriert werden – alle Schüler bisheriger Berufs(fach)schulen und Fachoberschulen sollten nach Fertigstellung dann ein OSZ besuchen.
Hauptproblem beim Bau der OSZ war der Mangel an geeigneter Flächen auf Berliner Stadtgebiet; nun wurden auch keine standardisierten Bauten mehr wie bei den Mittelstufen sondern Architektenwettbewerbe genutzt.
→ Fortgesetzt für das OSZ Handel in der Baubilanz 1980.
Verkehr
Verkehrsentwicklung
Eine umfassende Planung der Verkehrsentwicklung war im Westberlin der 60er und 70er lange nicht möglich, weil eine Einbettung in die Gesamtregion Groß-Berlin
und Umland notwendig gewesen wäre.
Dennoch gab es für das Gebiet Berlin (West) Untersuchungen der Verkehrswissenschaft.
Ab Mitte der 70er gab es dann eine langfristig angelegte Verkehrsentwicklungsplanung. Im Bericht 1977 wurde diese Planung des Berliner Senats erstmals vorgestellt – mit Schwerpunkt auf Individualverkehr (IV), öffentlicher Personennahverkehr (ÖPNV), Verkehrsberuhigung und Qualitätsverbesserung in der Stadt.
→ Umstrukturierung des Verkehrs teilweise in der Baubilanz 1980 aufgegriffen.
U-Bahnbau
Der U-Bahnbau, in Berlin (West) 1953 wieder aufgenommen, spielte in der Stadtentwicklung eine große Rolle und war eine der wichtigsten Aufgaben Berlins.
Siedlungen an der Peripherie wurden an das Netz angeschlossen, Straßen der Innenstadt durch neue Linien entlastet und das Netz entflechtet.
In der 25 Jahre vor 1978 wuchs die Westberliner U-Bahn von 80km um 42km und hatte mit einem kleinen Neubauteil in Ostberlin eine Gesamtlänge von 123,5km, davon 96,8km auf Westberliner Gebiet.
Investiert hat die öffentliche Hand dafür 1,76 Mrd. DM. In Bau waren weitere Erweiterungen an Außenbezirke von Berlin (West), geplant war noch mehr.
Linie | Status | Abschnitt | Länge |
---|---|---|---|
U7 | in Bau | Richard-Wagner-Platz bis Rathaus Spandau | 9,5km |
U8 | in Bau | Osloer Straße bis Märkisches Viertel | 6,7km |
→ Wurde in der Baubilanz 1980 weiter thematisiert.
Stadtstraßen
Die städtischen Hauptstraßen wurden dem jeweiligen Ausbau der Berliner Autobahn angepasst – um- und ausgebaut wurde so der Kudamm, Hohenzollerndamm, Kantstraße, Martin-Luther-Straße, Kleist/Bülowstraße und Stromstraße. Flankiert wurde dies durch Verkehrsberuhigung im engeren Citygebiet.
Dies setzt sich außerhalb des Autobahnringes fort, so geplant in Tegel (Waidmannsluster Damm und Schloßstraße), Spandau (Altstadt) und Wedding, wo Fußgängerzonen und Freiflächen entstehen sollten.
Fahrrad
Der Anteil an Radfahrern am Gesamtverkehr war vor dem Krieg bis zu 60% und ging bis 1970 auf 1,4% zurück, stieg seit 1974 jedoch wieder an.
Auch wenn im Vergleich klein, sollte diese Gruppe nicht vernachlässigt werden,
da der Fahrradverkehr nicht nur umweltfreundlich, sondern auch von gesundheitsförderndem Wert
ist.
Das Radwegenetz in Berlin (West) bestand in 1978 aus 360km Straßen mit Radwegen und sollte auf über 500km erweitert werden, mit dem Schwerpunkt Erholungsgebiete, Einkaufsgebiete sowie Schulen und Sportplätze.
Autobahnen
Die Planung der Autobahnen in und um Berlin beruhte auf dem Flächennutzungsplan von 1965, Auswirkungen auf den Verkehr hatte das Viermächteabkommen 1971 und folgende Verkehrsvereinbarungen, die zu einem zunehmenden Wechselverkehr
mit der DDR führten, wozu das Berliner Autobahnnetz zunehmend eine Verflechtung [?] mit dem Berliner Umland und Anschluss an Fernstraßen herstellen.
Ab den 1970er Jahren verfolgte der Senat jedoch einen restriktiveren Ansatz
beim Individualverkehr und priorisierte den ÖPNV.
Das resultierte in einem reduzierten Autobahnetz, vorgestellt 1976.
Schwerpunkte in Berlin (West) waren Ende der 1970er der BAB-Ring um die Kerngebiete, drei Verbindungen des Autobahnrings über die Grenzen ins Fernstraßennetz und weitere Abzweige in Stadtteile. Davon waren 31km im Betrieb, 19km in Bau und 20km in Bauvorbereitung für ein Gesamtnetz von 70km Länge.
→ Abschnitt fast unverändert in der Baubilanz 1980.
Öffentlicher Raum
Internationales Congress Centrum
Das ICC Berlin sollte 1979 nach vierjähriger Bauzeit in Westberlin seine Tore öffnen,
als Europas größtes und modernstes Kongreß- und Veranstaltungshaus.
Zwei große Säle mit 5.000 und 2.200 Personen sowie acht mittlere und kleinere Säle und 70 Tagungsräume, Foyes, Restaurants und Bars.
Dem ICC war eine zukünftige Funktion als internationales Kultur- und Kommunikationszentrum
angedacht, der wirtschaftliche Nutzen nach Fertigstellung auf 200 Mio. DM pro Jahr geschätzt.
In der Bauzeit 1976-78 wurde das Berliner Bauvolumen um 3% aufgestockt und 1.500 Arbeitsplätze in der Baubranche gesichert, die sich wegen Sättigung rückläufig entwickelte.
→ ICC im ersten Betriebsjahr beschrieben in der Baubilanz 1980.
Grün
Auf Berlin als Stadt im Grünen
war der Senat besonders stolz, mehr als die Hälfte des Westberliner Gebiets waren Frei- oder Grünflächen: Wälder, Parks, Seen.
Dies galt es zu bewahren, damit einiges von Stadt und Natur geretten werden kann.
Die ersten Planungen der Bundesgartenschau 1985 spielten für den Berliner Südosten eine große Rolle, wo für gewachsenes Grün am meistern Nachholbedarf
bestand.
Die Mittel für den öffentlichen Grünbereich sollten von 127 Mio. DM in 1977 auf 193 Mio. DM in 1981 steigen, davon 17 Mio. aus dem ZIP. Vier großflächige Grünanlagen entstanden in der Innenstadt und bestehende Anlagen und Plätze wurden erneuert.
Beispiele der Baubilanz 1978 waren:
- Wedding: Freiraumgestaltung im Sanierungsgebiet Brunnenstraße
- Kreuzberg: Erholung und Freizeit im ehemaligen Betanienkrankenhaus und Mariannenplatz
- Spandau: Grünzug in der Siedlung Falkenhagener Feld
- Straßenbaum Pflanzaktion 1977-79
- Tempelhof und Neukölln: Erholungspark Massiner Weg, Gelände der Bundesgartenschau
Weiterer Fokus lag auf der Verbesserung der Flußufer in Berlin (West) – 150km Havel-Ufer und nochmal 150km alle anderen Uferstrecken
zusammen – mit einer umfangreichen Uferkonzeption
soll für Natur und Bürger
gehandelt werden.
Ebenso behandelt: Begrünte Deponien, Kinderspielplätze, Kleingärten.
Positiv erwähnte der Senat in 1978, dass in Kleingärten die Zahl der Räumungen geringer
geworden ist und Kleingärtner mit einer Liste mit Schutzfristen von 5 bis 10 Jahren beruhigt wurden.
Es gab 1977 48.000 Parzellen, davon 12.000 Parzellen Dauerkleingärten.
→ Landschaftsprogramm und BuGa weiter in der Baubilanz 1980 thematisiert.
Kommunales
Kommunale Bauten
Berlin (West) war eine der wenigen Städte in Deutschland, die so ausreichend
mit Schwimmbädern ausgestattet ist, wie es der Goldene Plan der Deutschen Olympischen Gesellschaft
empfiehlt – durch zwei Bäderbauprogramme seit den 1950er Jahren.
Im 2. Bauprogramm enstanden fünf neue Bäder in Charlottenburg, Reinickendorf, Spandau, Neukölln und Tempelhof (Hallen- und Sommerbäder). Weitere sieben Neubauten waren geplant.
Fünfzehn Feuerwachen wurden seit dem Beschluß der Berliner Verwaltung modernisiert, erweitert und neugebaut. Neu gebaut wurden die Feuerwachen Wannsee, Suarez (Charlottenburg) und Reichenberg (Kreuzberg).
Im Krankenhausbedarfsplan 1977 waren umfangreiche Bau- und Sanierungsmaßnahmen vorgesehen als Ersatzbau
und im Einklang mit dem geplanten Bettenabbau.
Schwerpunkt war der Neubau im Krankenhaus Neukölln, ab 1979 im Allgemeinen-Krankenhauses Reinickendorf und die Spezialchirurgie im Rudolf-Virchow-Krankenhaus in Wedding.
In Vorbereitung bzw. geplant waren Erneuerungen und Neubauten im Auguste-Viktoria-Krankenhaus (Schöneberg) und Neubau eines Akutkrankenhauses an der Heerstraße (Spandau).
Probleme Wasserwirtschaft
Seit 1970 wurden Berliner Seen und Teiche entschlammt, bis Ende 1977 an 33 Seen. Das Hauptproblem der Berliner Gewässer waren jedoch Nährsalze, mangels Kanalisation an der Oberhavel und Tegeler See mit vielen Einzelkläranlagen.
Dafür gab es viele Einzelmaßnahmen wie Kanalisierung, Erweiterung des Klärwerkes Ruhleben und Entwicklung eines Entphosphatisierungsverfahrens sowie Aufbau von Entphosphatungsanlagen.
Seit Ende 60er-Jahre war die Grundwasserbilanz in Berlin negativ, es wurde mehr Grundwasser entnommen. Dafür wurden künstliche Grundwasseranreicherungsanlagen mit Havel- und Spreewasser gebaut, andererseits der Berliner Untergrund systematisch erforscht, um Grundwasserspeicher und Grundwasserstockwerke zu bestimmen.
→ Wasserwirtschaft fortgesetzt in der Baubilanz 1980.
Vermessungswesen
Grundlage für Planung und Bauen war ein Festpunktfeld mit genauen Koordinaten der einzelnen Punkte, die in Berlin jedoch überwiegend im 19. Jahrhundert gemessen und berechnet wurden. Mit neuen Messmethoden (elektro-optisch) und Rechnern (EDV) waren genauere Punkte möglich, von denen 600 Lagefestpunkte im Süden Berlins zentimetergenau neu berechnet wurden.
Quellen
Die Hauptquelle dieses Artikels und der Bilder ist die Berliner Baubilanz 1978, Senator für Bau- und Wohnungswesen, September 1978, Berlin (West).